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Die Krise als Chance

Themen
Die Krisen

Menschen in Krisen werden in die therapeutische Praxis meistens vermittelt, etwa vom behandelnden Arzt, oft auch vom Pastor / Pfarrer. Zudem können auch innerhalb schon laufender therapeutischer Prozesse Krisen entstehen, die zu einer Krisenintervention Anlass geben. Innerhalb der psychotherapeutischen Praxishaben wir es aber im allgemeinen eher mit verschleierten Krisen zu tun, auf die die Bezeichnung „Krise“ im engen Sinne nicht mehr zutrifft, da sich die Krisen nicht mehr in ihrer vollen Dramatik zeigen, sondern sich ebenfalls etwa in anhaltenden Problemsituationen, wie unerklärbarer Müdigkeit, Lustlosigkeit oder psychosomatischen Beschwerden äußern.
Auch wenn Krisenintervention nicht das ganz alltägliche Brot einer Therapeutin in eigener Praxis ist, meine ich einiges zur Praxis der Krisenintervention beitragen zu können.
Es geht mir einmal darum, typische Lebenssituationen, die Krisen auslösen können, anhand von praktischen Fallbeispielen zu beschreiben sowie auch die spezielle Psychodynamik der jeweiligen Krisen. Natürlich hat jeder Mensch seine eigene Krise, dennoch bestehen – gesamthaft gesehen – beschreibbare Unterschiede etwa zwischen einer Verlustkrise im engeren Sinne und einer Suizidkrise.
Diese Krisen mit ihren Hintergründen als typische psychische Prozesse wie auch die in ihnen liegenden Entwicklungsmöglichkeiten möchte ich beschreiben.
Dabei ist es außerordentlich wichtig, unsere eigenen Gefühle, die wir als Berater diesen Krisen gegenüber haben, mit in meine Überlegungen einzubeziehen:
Ein Mensch in einer Krise löst zunächst schon ganz bestimmte „Krisengefühle“ in uns Mitmenschen aus; entweder werden wir angesteckt von den Panikgefühlen, oder wir sind gerade ganz konzentriert, ganz da, weil wir spüren, dass das nun eine Situation ist, bei der es „darauf ankommt“ oder aber wir wehren die Krise ab, bagatellisieren sie usw. Unsere Reaktion hängt davon ab, wie krisenfreundlich, wie krisenverträglich oder wie krisenallergisch wir sind, dann aber auch, was die einzelnen speziellen Krisen in unserer Psyche an Ängsten, an Bedrohung wachrufen und wie wir gelernt haben, damit umzugehen.
Es stellt sich dabei heraus, dass es eine eher typische Reaktion auf bestimmte Krisen gibt, die viele Menschen miteinander teilen, also sozusagen eine kollektive Form der Gegenübertragung. Dazu haben wir aber auch unsere ganz persönlichen Reaktionen auf einzelne Krisen, die zum Teil über das Gelingen oder Misslingen von Kriseninterventionen, aber auch über unsere methodischen Zugang zu den entsprechenden Krisen entscheiden.
Diese „Gegenübertragungsgefühle“, wie ich sie hier nenne, betrachte ich als relevant für die Krisenintervention.
Ich verstehe unter Gegenübertragung zunächst all die Gefühle, die der Analytiker/ die Analytikerin in bezug auf den „kriselnden“ Menschen hat und die er in irgendeiner Form festzuhalten versucht. Diese Gefühle des Analytikers können den Gefühlen des Analysanden genau entsprechen und so einen direkten Zugang zu den Gefühlen des „Kriselnden“, zu deren emphatischem Verstehen darstellen. Viel häufiger aber erleben wir in uns die Abwehr der Gefühle, die in uns durch den Analysanden geweckt worden sind. Indem wir unsere Abwehr emphatisch wahrnehmen, werden wir spüren, welche Bedrohung uns erfasst hat, und das ist dann eben meistens die Bedrohung, unter der auch der „Kriselnde“ bzw. der Analysand steht.
Aber nicht nur Emotionen werden in der Gegenübertragung erlebt: Oft haben wir den Eindruck, fast unter Zwang stehend in ein bestimmtes Verhalten, in eine bestimmte Rolle, in ein bestimmtes Beziehungsmuster hineingedrängt zu werden, gegen unsere bessere Absicht. Wir sprechen dann etwa davon, dass der Analysand, der „Kriselnde“, uns manipulieren wolle. Es ist dies wohl – wie Sandler immer anführt – der Versuch, ein Beziehungsmuster, das einmal im Leben dieses Menschen bedeutsam war und Sicherheit vermittelt, wieder herzustellen, nun aber in einer außerordentlich beängstigenden Lebenssituation, in der Sicherheit über alles geht, in der dieses Lebensmuster notwendige Sicherheit bietet.
Bei all diesen Gegenübertragungsaspekten ist wesentlich, sie als Ausdruck dafür zu begreifen, dass das Unbewusste des Analysanden und das Unbewusste des Analytikers miteinander kommunizieren, dass das Unbewusste des einen – besonders in Situationen, die wie jede Krise ganz von Emotion des anderen Menschen, und dass mit dieser Ansteckung umgegangen werden muss.
Ein dritter wesentlicher Punkt ist aufzuzeigen, wie in solchen Krisensituationen, die sehr von Ängsten geprägt sind, therapeutisch gehandelt werden kann. Um mein Vorgehen nachvollziehbar zu machen, habe ich oft die Interventionen und Gesprächssequenzen, wie ich sie vom Tonband abgeschrieben habe, wörtlich – allerdings vom Schweizerdeutschen ins Hochdeutsche übersetzt – angefügt. Es handelt sich dabei nicht um „ Modell-Interventionen“, sonder um tatsächliche Interventionen, wie sie in der jeweiligen therapeutischen Situation von mir durchgeführt worden sind. Ich füge sie an , um so konkret wie möglich Einblick in therapeutisches Vorgehen zu geben, wohl wissend, dass es Aspekte therapeutischen Geschehens gibt, die sich aller Darstellung entziehen.

Die Krise als Chance

Wir wissen, dass Krisen auch Chancen sind, Chancen zur größeren Entfaltung der Persönlichkeit, wenn wir uns innerhalb der vielen möglichen Krisen der Menschen hier auf die Krise im persönlichen Bereich beschränken wollen. Mit dieser Ansicht, dass Krisen auch Chancen sind, kann man dem, der gerade in einer Krise steckt,
diese auch schmackhaft zu machen versuchen. Zugleich aber können wir uns mit diesem Ausdruck auch darüber hinwegtäuschen, dass viele Krisen solche Chancen sind, die nicht genutzt werden und nicht genutzt werden können.

Ob eine Krise zu einer Chance für ein neues Erleben unserer Identität werden kann, ob wir aus einer Krise mit neuen Verhaltensmöglichkeiten, neuen Dimensionen des Selbst- und Welterlebens hervorgehen, vielleicht sogar mit neuen Sinnerfahrungen und mit dem Bewusstsein, kompetent geworden zu sein im Umgang mit dem Leben, diesem Leben also nicht länger einfach ausgeliefert zu sein: Das hängt wesentlich davon ab, ob wir die Krise als eine Lebenssituation zu sehen vermögen, in der für unser Leben existentiell Wichtiges sich ereignet und entscheidet, oder ob wir die Krise nur als lästiges Beiwerk des Lebens sehen, das wir so rasch als möglich vergessen wollen. Zu wissen, dass jede Krise eine von möglichen grundsätzlichen Wandlungen herbeiführen kann, ist wesentlich. Ob wir die Möglichkeiten, die uns in einer Krise sowohl an Erlebnis- wie auch an Verhaltensmöglichkeiten im persönlichen und im sozialen Bereich ergreifen können, wahrnehmen können, hängt weiter davon ab, ob wir wirklich mit unserer Krise in Kontakt kommen können. Krisenintervention meint zunächst einmal, mit der Krise in Kontakt zu kommen. Aber auch dann noch kann die Krise stärker sein als wir, auch dann noch können wir an einer Krise scheitern.




Charakteristik der Krise

Von einer Krise sprechen wir dann, wenn ein für den „Kriselnden“ belastendes Ungleichgewicht zwischen der subjektiven Bedeutung des Problems und der Bewältigungsmöglichkeit, die ihm zur Verfügung stehen, entstanden ist. Der „Kriselnde“ fühlt sich in seiner Identität, in seiner Kompetenz, das Leben einigermaßen selbstständig gestalten zu können, bedroht. Da die Erfahrung, das Leben gestalten zu können, für uns einen sehr hohen Wert darstellt, der nun in Gefahr ist, reagieren wir auf Krisen mit großer ausgedrückter oder nicht ausgedrückter Angst. Gerade diese Angst aber lähmt uns noch zusätzlich. Die Vergeblichkeit unserer Bemühungen und die wachsende Angst bringen uns dazu, all die uns vertrauten Strategien, die wir bereits angewendet haben, irgendwann fahren zu lassen und auf einen neuen Einfall zu hoffen, auf einen Anstoß, auf eine neue Idee. Das Problem kann zum Beispiel neu formuliert werden, die Ansprüche an sich selbst können innerhalb der Problembewältigung neu bestimmt werden. Damit hätten dann übrigens bereits ein schöpferischer Prozess stattgefunden. Man hätte die alten, in dieser Situation untauglichen Verhaltens- und Bewältigungsstrategien aufgegeben und hat einen Einfall, eine Idee gefunden, die für die Bewältigung des anstehenden Problems adäquater zu sein scheint.
Wenn nun aber das Problem trotzdem bestehen bleibt oder wenn es nicht gelingt, in diese vorübergehende Ohnmacht einzuwilligen und auf einen Einfall zu warten – was bei der großen Angst, die mit der Krise verbunden ist, durchaus passieren kann-, dann nimmt die Angst immer noch mehr überhand, und die Panik erfasst die ganze Persönlichkeit, die ganze Existenz. Hier muss dann wohl in der einen oder anderen Weise Krisenintervention erfolgen. Vielleicht hat nun der „Kriselnde“ das durchaus vorkommende Glück, dass nun der richtige Mensch am richtigen Platz das richtige Wort sagt, die richtige Geste macht oder dass ein Traum einen erlösenden neuen Weg zeigt; vielleicht aber braucht er nun auch die Hilfe eines Kriseninterventionszentrums oder einen Therapeuten.
Intervention meint also, dass ein Mensch so zwischen den „Kriselnden“ und seiner Krise tritt, dass der in der Krise Geratene ein wenig Abstand bekommt und daher in Kontakt mit seiner Krise treten kann, so dass die Krisensituation aufgehalten wird und die Möglichkeiten, die in der Krise stecken, genutzt werden können. Grundsätzlich bedeutet „crisis“: Scheidung, Streit, Entscheidung, Urteil. Die Krise bezeichnet einen Höhepunkt, aber auch einen Wendepunkt, einen Umschlagspunkt eines Geschehens. Insofern ist der Ausdruck „Krise“ ein Ausdruck für die spezielle Qualität einer Veränderung in Form einer Zuspitzung, in unserem Fall einer psychischen Veränderung. Der Ausdruck „Krise“ wird für sehr viele Lebensbereiche gebraucht, so dass man annehmen darf, dass alles, was lebendig ist, in eine Krise geraten kann. Krisen werden als Dringlichkeitssituationen erlebt: Der Mensch, der so ganz und gar von der Krise ergriffen ist, fühlt sich von panischer Angst erfasst, weiß keinen Auswege mehr, ist in seinem Problem, in seinem Problemlösen außergewöhnlich eingeschränkt. Der Mensch in einer solchen Situation fühlt sich ganz und gar hilflos, hat den Eindruck, es werde sich jetzt nie mehr etwas verändern, zumindest nie mehr zum Guten hin verändern. Oft wird das Bild gebraucht: Ich fühle mich wie in einem dunklen Schlauch, ich sehe nirgends einen Ausweg. Und dieses Erleben der Krise ist von panischer Angst begleitet. Das ganze Leben gerät in die Krise, nichts bleibt davon verschont. Das ganze Leben hat sich auf den Gegenstand der Krise eingeengt, oder anders ausgedrückt: Es bleibt die Konzentration auf sich selbst.
Um uns in das Wesen der Krise einzustimmen, können wir uns selbst einmal überlegen, wie wir vielleicht in kleineren Krisen zunächst reagieren würden. Eine alltägliche Situation: Wir sollten zur richtigen Zeit an einem uns bisher unbekannten Ort sein, um einen Vortrag zu halten. Wir fahren mit dem Auto. Obwohl wir viel Zeit einberechnet haben, schmilzt diese Zeit während der Fahrt zusammen, es kommt vielleicht auch noch ein Gewitter oder einen Schneesturm dazu. Wir verfahren uns, und irgendwann lässt sich der Gedanke nicht mehr verscheuchen: Wir werden niemals zur vorgesehenen Zeit mehr ankommen können. Die Angst bemächtigt sich unser, wir werden vielleicht noch hektischer, vielleicht auch nur einfach gelähmt. Wir versuchen das Unmögliche zu ertrotzen, mit dem Erfolg, dass wir noch weniger den Ort finden, uns noch mehr verfahren. Meistens setzt sich dann irgendwann unsere eigene Krisenintervention ein: Wir atmen tief, halten vielleicht sogar an und sagen uns: Wenigstes lebe ich noch. Es ist zwar außerordentlich peinlich, wenn ich da zu spät ankomme, aber es ist besser, als wenn ich überhaupt nicht ankäme. Dann kann die Ruhe wieder einkehren; man kann sich überlegen, was zu tun ist, wie die Situation zu retten ist.
Die Krisenintervention in diesem Fall hat darin bestanden, dass in unserem Inneren ein Wert durch einen anderen ersetzt wurde. Nicht mehr das absolute Pünktlichsein und das Verlässlichsein als Werte werden in den Vordergrund gestellt, sondern der diesem doch wohl übergeordneten Wert des Noch – am – Leben – Seins. Gerade diese kleine Krise, die wir alle immer wieder haben, zeigen uns, wie sehr die Angst in Krisen eine Rolle spielt, wie sehr also Krisenintervention auch Anleitung zur Angstbewältigung sein muss.
Das Ersetzen eines weniger  wichtigen Wertes durch einen höheren, umfassenderen ist eine Form der Angstbewältigung: ängstigen  wir uns immer dann, wenn einer unserer Werte bedroht ist. Wenn nun allerdings jeweils der höchste Wert bedroht ist, der für einen Menschen gilt, dann wird dieser kaum durch einen anderen Wert ersetzt werden können. Deshalb sind Krisen, in denen es um den Verlust des Lebens selbst geht, außerordentlich angstbetont.
Sehr viele Krisen in unserem Leben werden selbstverständlich nicht durch die Krisenintervention eines entsprechenden Zentrums oder eines Therapeuten / einer Therapeutin gelöst, sondern im Gespräch mit anderen Menschen. Taxichauffeure können davon ein Lied singen, Kellner usw. Wenn wir fühlen, dass sich eine Krise zuspitzt, sprechen wir oft mit einem anderen Menschen, der noch mehr Möglichkeiten sieht, als wir selber, können uns dabei entspannen und uns wieder auf neue Perspektiven einstellen; dabei geschieht oft, dass wir gar nicht erst auf den Höhepunkt einer Krise geraten. Hier wird allerdings ein weiterer, wesentlicher Aspekt der Krise sichtbar: dass es nämlich manchen Menschen nicht mehr möglich ist, in ihrer Krise andere anzusprechen. Menschen in Krisen haben sehr oft auch eine Beziehungskrise, sei es, dass sie einem anderen Menschen nicht zumuten wollen, ihnen in ihren Problemen zumindest einmal zuzuhören, sei es, dass sie das Vertrauen verloren haben – oder es überhaupt nie hatten, - dass durch die emotionelle Öffnung zu einem Menschen hin auch die Öffnung der eigenen schwierigen Lebenssituation erfolgen kann. Damit man von einer Krise sprechen kann, muss die schon genannte Gleichgewichtsstörung:
Schwer,
Zeitlich begrenzt,
Durch die übrige Gegenregulationsmittel nicht zu bewältigen sein.
Eine solche Krise kann Menschen treffen, die üblicherweise gut mit sich und der Umwelt zurechtkommen; sie kann auch Menschen treffen, die es mit sich und der Welt schwieriger haben.
Krisenzeiten sind Zeiten im Leben eines Menschen, die von größter beengender Intensität gekennzeichnet sind, Geburtssituationen eigentlich. Es versteht sich von selbst, dass sich solche Situationen der Intensität der Angst, des Druckes nicht über lange Zeit halten können. Eine Krise kann spontan abklingen, sich aber auch chronifizieren, Krankheiten auslösen, chronische, psychische Probleme einleiten, ohne das diese Dringlichkeitssituation, die der Krise einerseits ihre unangenehmen Charakter gibt, andererseits eine besondere Durchbruchmöglichkeit enthält, länger bestehen würde. Es handelt sich um eine echte Grenzsituation, ohne die keine Wandlung möglich ist.

Ziele der Krisenintervention

Es wird deutlich: Bei der Krisenintervention wird es zum einen wichtig sein, den Auslöser der Krise und aber auch tiefere Zusammenhänge der Krise und damit auch den tieferen Sinn der Krise herauszuarbeiten. Krisenintervention soll aber zum anderen auch einen neuen Umgang mit der Angst möglich machen. Und dann, zum dritten, hat natürlich jede Krisenintervention auch Hilfe bei äußeren Problemen
Zu sein. Krisenintervention besteht nicht nur aus psychotherapeutischer Hilfe, sondern auch aus instrumenteller Hilfe; da muss etwa überlegt werden, ob ein Teil des Problems nicht von irgendeiner sozialen Einrichtung bewältigt werden könnte. Ich denke da z. B. an einen Mann, der unendlich viele Schulden gemacht hatte und der im Grunde von Krise zu Krise taumelte, unter anderem deshalb, weil er aus seinem Schuldenberg nie herauskam. Eine soziale Einrichtung übernahm dann die Schuldenregulierung, ordnete das für ihn, ohne ihm die Verantwortung dafür ganz abzunehmen, und von diesem Moment an konnten wir uns auf seine Arbeitskrise konzentrieren.
Es geht bei der Krisenintervention aber auch darum, das man sich grundsätzlich fragt, wo in diesem Falle noch Hilfsquellen für diesen Menschen gibt. Da stellen sich Fragen, ob eventuell gewisse  Lebensbereiche doch nicht zu sehr von der Krise betroffen sind; man wird sich fragen, ob es Beziehungen gibt, die tragfähig sind, aber auch, ob es Hilfen aus dem Unbewussten gibt, etwa hilfreiche Träume; die gerade in Krisensituationen sehr oft vorhanden sind und die mir außergewöhnlich wichtig erscheinen. Eine Befürchtung, die in diesem Zusammenhang oft geäußert wird, ist die, Dass Menschen in Kriseninterventionen durch das Einbeziehen der Träume viel zu sehr mit dem Unbewussten konfrontiert werden können. Ich teile diese Befürchtung überhaupt nicht, meine vielmehr, dass es dabei wesentlich davon abhängt, wie wir in der Krisesituation mit den Träumen umgehen, ob wir sie als Hilfe aus dem Unbewussten annehmen und auf die reale Situation beziehen können oder nicht. Die eigentliche Krisenintervention ist dann getan, wenn wir zu diesen Menschen einen Kontakt herstellen können, und dabei die Bedrohung, die er spürt, verstehen. Dann ist schon sehr viel erreicht. Sehr oft sind die Menschen, die zu einer Krisenintervention kommen, solche, die es bisher nicht gewohnt waren, von dem zu sprechen, was sie belastet, und die vielleicht auch ein erstes Mal erleben, dass das Miteinander-Sprechen sehr viel Druck wegnehmen kann. Bei dieser Kontaktaufnahme geht es auch darum, die Krise als Chance zu zeigen. Es ist dabei aber doch zu bedenken, dass wir den Betroffenen dort abholen, wo er ist, dass wir seine regressiven Tendenzen ernst nehmen, das Ausmaß der Regression beachten, ihn Trösten und auch auffangen. Es ist ebenso wichtig, die praktischen Hilfen nicht außer acht zu lassen, sich gegebenenfalls auch durchaus darum zu kümmern, wo dieser Mensch die nächste Nacht verbringen kann, ihn allenfalls auch minuziös einen Plan ausarbeiten zu lassen, wie es jetzt weitergehen soll.
Es geht also darum, den Betroffenen zum Sprechen zu bringen, ihn auch dazu zu
Bringen, seine verschiedenen Emotionen auszudrücken. Die Funktion des Therapeuten ist dann die des Strukturierens, des Ordnens und des Verstehens einerseits, aber auch das Abklären der Ressourcen. Vor allem aber geht es darum, dass der Therapeut/die Therapeutin empathisch auf den „ Kriselnden „ eingehen kann – und trotzdem auch mit der notwendigen „ Hemdsärmligkeit „ -, damit das Wagnis der Öffnung zu einem andern Menschen hin auch zum Tragen kommt.

Im Grunde ist es wesentlich zu wissen, dass jede Krise eine Chance zur Änderung der bisherigen Verhaltensweisen, zur Entwicklung neuer Bewältigungsstrategien, zum schöpferische Sprung beinhaltet.

Buch: „Der schöpferische Sprung“, von Vera Kast





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