Freundlichst zur Verfügung gestellt durch B. Exner
Zur Brückenfunktion der Arbeitstherapie bei der beruflichen
Eingliederung Suchtkranker
Zielsetzung der medizinischen Rehabilitation nach dem SGB VI ist, „den
Auswirkungen einer Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen
Behinderung auf die Erwerbsfähigkeit der Versicherten entgegenzuwirken oder sie
zu überwinden“. Entscheidend dabei ist, „vorzeitiges Ausscheiden aus dem
Erwerbsleben zu verhindern oder sie möglichst dauerhaft in das Erwerbsleben
wiedereinzugliedern“ (§9 (1), SGB VI).
Es gibt gewichtige Gründe, der Erwerbstätigkeit einen so großen Stellenwert
einzuräumen:
• Eine feste Arbeitsstelle mit einem regelmäßigen Einkommen ermöglicht die
Unabhängigkeit von staatlicher Unterstützung und die Teilnahme am
gesellschaftlichen Leben. Dies wirkt - und das gilt nicht nur für Suchtkranke selbstwertstabilisierend.
• Eine den Eignungen und Neigungen entsprechende Berufstätigkeit führt zu
Zufriedenheit, stiftet Sinn und geht damit über bloße Tagesstrukturierung
hinaus.
• Hinzu kommen Anerkennung und Bestätigung der eigenen Leistung. Die
Weiterentwicklung von berufsbezogenen und sozialen Fähigkeiten trägt
gerade bei jungen Menschen zu einer positiven Identitätsentwicklung bei.
• Darüber hinaus führt die Ausübung einer Berufstätigkeit in der Regel zu
täglichen sozialen Kontakten.
Auch die Auswirkungen von Arbeitslosigkeit sind hinreichend untersucht worden, und
Es würde erkannt, dass eine geeignete Arbeitsstelle für einen Suchtkranken
einen stabilisierenden Faktor in Hinblick auf seine gesamte Lebenssituation darstellt.
Die erfolgreiche berufliche Integration von Suchtkranken sollte daher ein zentrales
Ziel der medizinischen Rehabilitation sein.
Wenn hier von Arbeit die Rede ist, sind jedoch keine Niedriglohnjobs oder
Zuverdienste gemeint, sondern eine Berufstätigkeit in dem gelernten Beruf in einem
geregelten Arbeitsverhältnis und mit hinreichender Bezahlung. Gerade angesichts
der aktuellen Situation auf dem Arbeitsmarkt ist es erforderlich, die berufliche Zukunft
von Suchtkranken zu verbessern. Suchtkranke müssen ihre Zugangsbedingungen
zum Arbeitsmarkt deutlich verbessern.
Normalbiographie
Sowohl im Elternhaus, als auch in der Schule und in außerschulischen Institutionen
werden die individuellen Entwicklungsvoraussetzungen für eine erfolgreiche
Berufsintegration vorbereitet. Hierzu gehören:
- Die Entwicklung einer Leistungsmotivation, die Leistungsergebnisse auf das eigene
Tun zurückführt.
- Der Abgleich von Interessen und Neigungen auf der einen Seite und Fähigkeiten
und Eignungen auf der anderen Seite.
- Ein Selbstkonzept, das das Wissen über die eigenen Fähigkeiten und Bedürfnisse
beinhaltet.
- Die Selbstwirksamkeit, d.h. die realistische Einschätzung der eigenen
leistungsbezogenen Kompetenzen.
- Die Fähigkeit zur Realitätsanpassung, damit Klarheit darüber besteht, welche
Schritte man vollziehen muss, um ein Ziel zu erreichen.
- Eine umfassende Handlungskompetenz, die neben spezifisch berufsbezogenen
auch soziale und intellektuelle Kompetenzen umfasst.
Suchtbiographie
Was bedeuten diese Vorüberlegungen nun für die berufliche Entwicklung bei
Suchtkranken? Die Biographie von Suchtkranken enthält oft im Gegensatz zur so
genannten Normalbiographie eine Vielzahl von Brüchen und frühzeitig
unterbrochenen Entwicklungen in den drei zuvor genannten Bereichen.
Die Biographie von Suchtkranken ist in der Regel geprägt von negativen
Sozialisation- und Lernerfahrungen. Bei Kindern, die im Anschluss an die
Schulbildung ohne Ausbildung bleiben, findet sich eine überdurchschnittlich hohe
Problemdichte in der Familie: familiäre Konflikte, der Verlust eines Elternteils,
Arbeitslosigkeit, Gewalt, Sucht- und/oder Kriminalitätserfahrungen stellen
ausgesprochen ungünstige Entwicklungs- und Lernbedingungen für Kinder und
Jugendliche dar (Bundesministerium für Bildung und Forschung, 1999).
Schon in der Schule kommt es vermehrt zu Brüchen. Wenn Leistungsziele nicht
erreicht werden, kommen Versagenserlebnisse hinzu, z.B. das Wiederholen eines
Schuljahres. Vielfach gehen diese Schülerinnen und Schüler ohne einen
Schulabschluss von der Schule. In der Folge kann dies bedeuten, dass erst keine
Ausbildung angefangen wird, sondern Gelegenheitsjobs ausgeübt werden.
Wenn Jugendliche trotz ihrer Suchtproblematik nach der Schule eine
Berufsausbildung beginnen, so wird diese oftmals aus unterschiedlichen Gründen
vorzeitig abgebrochen, und es kommt erst gar nicht zu einer erfolgreichen beruflichen
Integration.
An dieser Stelle wird noch einmal deutlich, warum die sprachliche Differenzierung
zwischen den Begriffen „Job“ und „Arbeit“ aus fachlicher Sicht notwendig ist.
Die zur Entwicklung einer beruflichen Identität notwendigen Schritte werden also nur
teilweise oder überhaupt nicht vollzogen. Das vorzeitige Verlassen der Schule führt
dazu, dass Interessen und Fähigkeiten oft nicht hinreichend ausgebildet und
überprüft wurden. Der in der Schulzeit wichtige Abgleich zwischen Neigung und
Fähigkeit findet oftmals nicht statt. Suchtkranken fehlen vielfach die
Realitätsanpassung und die Selbstwirksamkeit, d.h., die eigenen Ressourcen werden
nicht wahrgenommen und müssen zunächst wieder herausgearbeitet werden.
Durch vorausgegangene Versagenserlebnisse bildet sich nur eine geringe
Leistungsmotivation heraus, und der Glaube an die eigenen Kompetenzen ist nicht
stark ausgeprägt.
Hiermit fehlen den Suchtkranken entscheidende Eintrittskarten für den Arbeitsmarkt
Sie werden damit zu einer Zielgruppe mit mehrfachen Benachteiligungen. Diese sind:
• Fehlende Schul- und Berufsabschlüsse
• Wenig ausgeprägtes Wissen über Interessen und Fähigkeiten
• Defizite bei beruflichen Schlüsselqualifikationen wie Ausdauer,
Leistungsmotivation und Konzentrationsvermögen
• Defizite bei sozialen Fähigkeiten wie Konflikt- und Anpassungsfähigkeit
• Suchtbegründete Hindernisse wie Vorstrafen oder Einschränkungen bei
bestimmten Berufen
• Fehlende Realitätsanpassung und mangelndes Vertrauen in die
Selbstwirksamkeit
• Hohe Verschuldung
Es ist wichtig darauf hinzuweisen, dass nicht die Suchterkrankung das primäre
Problem bei der beruflichen Eingliederung ist, sondern vor allem die fehlenden
beruflichen Qualifikationen.
Die Brückenfunktion der Arbeitstherapie
Die berufliche Eingliederung Suchtkranker ist demnach eine komplexe Aufgabe.
Primäres Ziel einer konstruktiven Arbeitstherapie kann es folglich nur sein, die
aufgezeigten Defizite auszugleichen. Neben der Bewältigung der Suchterkrankung
kommt es darauf an, dass parallel hierzu kontinuierlich und zielgerichtet an einer
beruflichen Perspektive gearbeitet wird. Der Arbeitstherapie kommt hierbei eine
entscheidende Bedeutung zu.
Worum geht es also in der Arbeitstherapie? Arbeitstherapie darf nicht dazu dienen,
die Klientinnen und Klienten zwischen den Gruppen- und Einzeltherapieeinheiten
irgendwie zu beschäftigen. Ein wenig Haus- und Gartenarbeit als Dienstleistung für
die Klinik oder leichte Tätigkeiten mit Holz oder Metall für das nächste
Ehemaligentreffen reichen allein nicht aus.
Zielsetzung von arbeitstherapeutischen Maßnahmen sollte die Wiederherstellung der
Erwerbsfähigkeit sein, um damit die langfristige Integration des Suchtkranken in den
Arbeitsmarkt zu ermöglichen. Hierzu ist es vor allem notwendig, mit den
Instrumenten der Arbeitstherapie ein individuelles Fähigkeitsprofil zu erstellen.
Belastungserprobungen müssen in berufspraktischen Bereichen durchgeführt
werden und an der Realität orientiert sein. Weitere Instrumente der Arbeitstherapie
sind die Beratung und das berufliche Training, um die Reintegration auf dem
allgemeinen (oder geschützten) Arbeitsmarkt zu ermöglichen.
Die Abstinenz allein verhilft der Klientin und dem Klienten in den wenigsten Fällen zu
einem neuen Arbeitsplatz. Dazu bedarf es größerer Anstrengungen. Um in der
Arbeitswelt anzukommen, gilt es in der stationären Arbeitstherapie stabile Brücken zu
bauen. Um in diesem Bild zu bleiben: es handelt sich um drei verschiedene Brücken.
Sie haben mit Entwicklung, Integration und Vernetzung zu tun.
Die Brückenfunktion der Arbeitstherapie bei der individuellen Entwicklung der
Arbeitsfähigkeit
Schauen wir uns zunächst die Brückenfunktion der Arbeitstherapie bei der
Entwicklung der Arbeitsfähigkeit an:
Die Interessen- und Fähigkeitsentwicklung sind zentrale Meilensteine auf dem Weg
zu einer eigenständigen beruflichen Identität. Hier findet sich bei vielen Suchtkranken
ein Nachhol- und Nachreifungsbedarf. Die verschiedenen Arbeitsbereiche der
Arbeitstherapie sollten konstruktiv genutzt werden, um unterschiedliche Interessen
anzuregen und zu fördern. Durch konkrete Arbeitserfahrungen werden persönliche
Fähigkeiten und berufsbezogene Ressourcen wahrgenommen und ermittelt sowie
das Erleben von Selbstwirksamkeit und eigener Kompetenz gesteigert. Diese
Erfolgserlebisse müssen negativen Vorerfahrungen entgegengestellt werden.
Suchtkranke haben eine ganze Reihe von Ressourcen und Fähigkeiten, die es für
die berufliche Eingliederung zu nutzen gilt. Wenn eine Klientin oder ein Klient in
früherer Zeit einen Beruf erlernt hat, sollte in der Arbeitstherapie überprüft werden, ob
die verbliebenen Fertigkeiten für einen Wiedereinstieg ausreichen oder ob
gegebenenfalls nachqualifiziert werden muss. Hat die Klientin oder der Klient aber
keinen Beruf erlernt, ist es erforderlich, ihre bzw. seine individuellen Fähigkeiten und
Fertigkeiten für neue Arbeitsbereiche zu nutzen und zugänglich zu machen.
In der Arbeitstherapie muss auf ein berufliches Ziel hingearbeitet werden: Den
Klientinnen und Klienten muss vermittelt werden, dass ein fernes Ziel nur in kleinen,
aber konkreten Schritten erreicht werden kann. Diese Schritte sollten in der
Arbeitstherapie entwickelt und umgesetzt werden. Wichtig ist in diesem
Zusammenhang, dass die Arbeitstherapie auf die Klientinnen und Klienten individuell
abgestimmt ist, den sozialen Kontext mit einbezieht und realitätsbezogen ist. Die
beruflichen Ziele der oder des Einzelnen müssen einer realistischen
Selbsteinschätzung zugrunde liegen und mit den individuellen Möglichkeiten
abgestimmt werden. In externen Praktika kann sich zeigen, ob die beruflichen
Vorstellungen einer Realitätsprüfung standhalten.
Bei der Zuweisung zu den einzelnen Arbeitsbereichen innerhalb der stationären
Einrichtung sollte darauf geachtet werden, dass typische geschlechtsspezifische
Rollenfestlegungen nicht fortgesetzt werden. (z.B. dadurch, dass Frauen automatisch
im Küchenbereich eingesetzt werden.) Eine Sensibilität für die geschlechtsbezogene
Problematik bei der Berufswahl ermöglicht, unterschiedlichen Bewertungen von
Arbeit entgegenzuwirken.
Die Arbeitstherapie sollte nicht zuletzt auf die Anforderungen des Arbeitsmarkts
vorbereiten und darauf hin arbeiten, dass dem Arbeitsmarkt entsprechende
Qualifikationen angestrebt werden.
Die Brückenfunktion der Arbeitstherapie bei der Integration der Erkenntnisse
aus der Psychotherapie und Arbeitstherapie
Die zweite Brücke ist die Integration der jeweiligen Erkenntnisse aus der
Arbeitstherapie und der Psychotherapie. Es muss eine Verständigung darüber
geben, dass das gemeinsame Ziel der Behandlung die Wiederherstellung der
Erwerbsfähigkeit ist. Beide Disziplinen, die Arbeitstherapie und die Psychotherapie,
sollten dieses Ziel gleich gewichten und mit den ihnen zur Verfügung stehenden
Methoden verfolgen.
Es ist zunächst notwendig, am Anfang der stationären Behandlung neben der
Erhebung der Sucht- und Sozialanamnese die gleiche Sorgfalt auf die Erhebung der
Berufsanamnese zu legen. Zukunfts- und Berufsorientierung müssen weit mehr als
bislang in das Behandlungssystem integriert werden. Es kommt darauf an, dass die
Klientinnen und Klienten ihre soziale Rolle in und außerhalb des Erwerbslebens aktiv
annehmen und die dafür benötigte soziale und berufliche Kompetenz erwerben.
Erforderlich ist eine Nachsozialisation, die im Zusammenhang mit der beruflichen
Entwicklung notwendig ist. Sie umfasst die Entwicklung von persönlicher, sozialer
und beruflicher Kompetenz. Hierbei ist es unumgänglich, dass Arbeitstherapie und
Psychotherapie Hand in Hand arbeiten.
Es liegt nahe, dass der Transfer zwischen Arbeitstherapie und Psychotherapie
strukturell verankert werden muss, z.B. in regelmäßigen Teambesprechungen.
Hiervon profitieren beide Seiten. Weiterhin ist es sinnvoll, dass die Analyse von
Lebenszielen und die Erarbeitung beruflicher Ziele eng miteinander verknüpft
werden. Die Beschäftigung mit der eigenen Biographie lässt sich z.B. mit der
Erkundung von verdeckten Interessen verbinden. Aus den von der
Landeskoordination Integration NRW durchgeführten und begleiteten
Arbeitsprojekten ist bekannt, dass der überwiegende Teil der Suchtkranken bereits in
sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungen tätig war. Somit sollte es in der
Behandlung darum gehen, auf diese vorhandenen Ressourcen der Arbeitserfahrung
zurückzugreifen.
Die Erfolge aus der Arbeitstherapie können im Sinne der Ressourcenstärkung mit in die Psychotherapie einfließen.
Die Auflistung verdeutlicht, dass der Arbeitstherapie im stationären Rahmen eine gleich hohe Bedeutung wie der Psychotherapie zukommt. Der Stellenwert der Arbeitstherapie in einer Einrichtung ist Ablesbar z.B. an
der Gewichtung der Stundenanteile zwischen Arbeitstherapie und psychotherapie. Hier gibt es sicherlich in einigen Einrichtungen noch Veränderungspotential.
Die Brückenfunktion der Arbeitstherapie bei der Vernetzung zur Arbeitswelt
Zur erfolgreichen Eingliederung ist es notwendig, dass die Arbeitstherapie eine
wichtige Brücke zur Arbeitswelt baut und sich mit unterschiedlichen Institutionen
vernetzt.
Als erster Vernetzungspartner sei hier die Agentur für Arbeit genannt. Nach
abgeschlossener und erfolgreicher Therapie steht die Klientin oder der Klient dem
Arbeitsmarkt arbeitsfähig zur Verfügung. Für Suchtkranke ist damit nicht automatisch
die Abteilung für Rehabilitation zuständig. Nach Klärung der individuellen
Voraussetzungen kann die Agentur für Arbeit auf die Instrumente des
Arbeitsförderungsrechts nach SGB III zurückgreifen. Ähnliches gilt, wenn eine
Klientin oder ein Klient unter den Zuständigkeitsbereich des SGB II fällt.
Förderinstrumente des SGB III sind u.a.:
• Beratung und Vermittlung
• Unterstützung der Beratung und Vermittlung
• Förderung der Aufnahme einer Beschäftigung
• Maßnahmen zur Verbesserung der Eingliederungschancen
• Leistungen an Arbeitgeber
• Ggf. Förderung der beruflichen Weiterbildung
Es ist erforderlich, dass die Arbeitstherapeutin oder der Arbeitstherapeut eine
individuelle Ansprechpartnerin oder einen individuellen Ansprechpartner der Agentur
für Arbeit für die gesamte stationäre Einrichtung hat. Regelmäßige Gespräche in der
Einrichtung oder der Agentur führen dazu, die gegenseitige Arbeitsweise kennen zu
lernen. Es können verbindliche Absprachen zur Zusammenarbeit getroffen werden
und damit wird den Klientinnen und Klienten ein leichterer Zugang zur Agentur für
Arbeit möglich.
Jede und jeder Arbeitssuchende kann die Informationssysteme im
Berufsinformationszentrum nutzen. Bereiten Sie Ihre Klientinnen und Klienten auf
den Kontakt mit der Agentur für Arbeit oder der Arbeitsgemeinschaft (ARGE)
individuell vor. Eine wichtige Grundlage für das persönliche Gespräch mit der am
Wohnort zuständigen Agentur für Arbeit oder der ARGE sollte das individuelle
Fähigkeitsprofil sein, das in der Arbeitstherapie entwickelt wurde.
Als zweites sollte die Arbeitstherapie Brücken zu Betrieben und Firmen vor Ort
bauen, die Klientinnen und Klienten für Praxiserprobungen aufnehmen können.
Schon die Suche nach einem geeigneten Praktikumsplatz ist für die Klientinnen und
Klienten eine Bewerbungssituation. Ermöglichen Sie ihnen diese externen
Erfahrungen zusätzlich zu den verschiedenen Arbeitsbereichen in der Klinik. Sie
bekommen eine direkte Rückmeldung, wo weiterer Entwicklungs- und
Nachreifungsbedarf besteht. In der Arbeitstherapie sollten die Erfahrungen aus den
Praktika in möglichst unterschiedlichen Arbeitsbereichen ausgewertet werden. Diese
Ergebnisse können dann direkt in das Fähigkeitsprofil einfließen und dieses
weiterentwickeln.
Als drittes sind örtliche Bildungsinstitutionen zu nennen. Zu den oft unzureichenden
beruflichen Qualifikationen kommen vielfach Bildungsdefizite hinzu, die
Eingliederungshindernisse darstellen. Die Zeit der stationären Rehabilitation kann
genutzt werden, um diese Defizite auszugleichen. Wichtige Ansprechpartner sind
hier die Volkshochschulen, die z.B. Deutschkurse oder Stützkurse gegen Lese- und
Rechtschreibschwächen anbieten, die vor allem in den Abendstunden stattfinden.
Als viertes gilt es, einen engen Kontakt zum jeweiligen Leistungsträger aufzubauen
für den Fall, dass doch eine berufliche Rehabilitation im Anschluss an die
medizinische Rehabilitation eingeleitet werden muss. Den
Rentenversicherungsträgern stehen hier ähnliche Förderinstrumente zur Verfügung
wie den Agenturen für Arbeit.
Als weiterer Partner ist die Schuldnerberatung zu nennen. Nutzen Sie diese
frühzeitig, falls in der Einrichtung vorhanden oder unterstützen Sie die Klientinnen
und Klienten, die notwendigen Unterlagen für eine externe Schuldnerberatung
vorzubereiten.
Als sechster Vernetzungspartner seien die Selbsthilfe- und Beratungsstellen
genannt. Nach ihrer Entlassung werden die Suchtkranken ihre eigenen Erfahrungen
mit der Arbeitswelt machen. Wie bei anderen Krankheiten kann es dabei zu
Rückschlägen und Krisen kommen. Dann ist entscheidend, wie die Klientinnen und
Klienten damit umgehen und ob sie sich verantwortungsbewusst in ihrem beruflichen
Kontext verhalten können. Selbsthilfegruppe oder örtliche Suchtberatungsstellen
bieten hierbei Unterstützung. Ermutigen Sie ihre Klientinnen und Klienten deshalb,
diese Kontakte frühzeitig z.B. bei Heimaturlauben aufzubauen.
Fazit
Die Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit und die langfristige Eingliederung in
Arbeit sind im Rahmen der stationären medizinischen Rehabilitation von
Suchtkranken eigenständige Ziele, über die Konsens in allen Behandlungsbereichen
bestehen sollte. Gestaltet werden kann dieses Ziel vor allem durch die Arbeitstherapie. In der Arbeitstherapie
geht es um einen Abgleich zwischen den
Möglichkeiten auf der Klientenseite (Fähigkeitsprofil, berufsbezogene Ressourcen,
Interessen) und den Bedingungen der Arbeitswelt (Qualifikationen, Anforderungen
des Arbeitsmarktes, Schlüsselqualifikationen). Auf dem Arbeitsmarkt steht nicht die
Suchterkrankung im Vordergrund, sondern die Fähigkeiten und beruflichen
Qualifikationen, die jemand mitbringt. Der Arbeitstherapie kommen aus dem
Blickwinkel des Arbeitsmarktes bei der Vorbereitung auf den Eingliederungsprozess
entscheidende Brückenfunktionen zu. Diese sind die Entwicklung der
Arbeitsfähigkeit, die Verknüpfung der jeweiligen Erkenntnisse aus Psychotherapie
und Arbeitstherapie und die Vernetzung mit der Arbeitswelt.
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